Drucken

Schon am  Samstagmorgen konnte man emsiges Treiben in und vor der Kirche beobachten: Musiker waren mit dem  Soundcheck beschäftigt und besprachen letzte Details. Tische wurden gestellt und dekoriert, Kuchen gebracht, Getränke geschleppt und ein Imbisswagen aufgestellt. Und das alles bei schönstem Sonnenschein, der unsere Kirche und den Kirchgarten herrlich erstrahlen ließ und auch auf den Gesichtern all der fleißigen Helferinnen und Helfer und der Musiker zu sehen war. Diese außergewöhnlich freundliche und strahlende Stimmung sollte sich durch zwei Tage und damit 1000 Minuten Musik ziehen wie ein roter Faden. 

Um 14.30 Uhr ging dann endlich das Programm los. Der Posaunenchor Niederkaufungen eröffnete würdig und festlich im Kirchgarten mit wunderbaren Chorälen - unter anderem mit dem 1000 Jahre alten „Christ ist erstanden“ - vor zahlreichen Zuschauern, die Musik und Ort sichtlich genossen, das Wochenende der 1000 Minuten Musik. Pfarrerin Kerstin Grenzebach sprach von der Kraft der Musik, die sogar, so erzählt die Bibel in der Apostelgeschichte, Gefängnistüren und Mauern einstürzen lassen kann.

Der Chor der Sing- und Musikgruppe Vollmarshausen und das Orchester der Musikschule Söhre-Kaufunger-Wald luden im Anschluss zum Mitsingen von Frühlingsliedern in die Kirche ein, sodass die Zuschauer ihre Stimmen zum Klingen bringen konnten. Mit viel Freude und Spaß wurde mitgesungen und mancher bemerkte, dass er seine eigene Singstimme lange nicht mehr gehört hatte. Vor der Kirche wurde es nun wuselig, denn die Kinder der Grundschule Vollmarshausen machten sich für ihren Auftritt bereit. War die Kirche schon vorher sehr gut gefüllt, zeigte sich jetzt, dass immer noch einer reinpasst. Leidenschaftlich und hoch konzentriert begeisterten die Kinder Jung und Alt und steckten mit ihrer Fröhlichkeit alle an.

Die Kinder verließen die Kirche, manche Zuschauer gingen und wieder neue kamen,  um die nächsten Gäste aus Gotha von der Kreismusikschule „Louis Spohr“ zu begrüßen und ihnen zu lauschen. So war es ein lebendiges Kommen und Gehen wie man es selbst wollte, das diese Stunden prägte und ausmachte.  Auch den Gothaern war die Freude am Musizieren abzuspüren, die sich im Nu auf die Zuhörer übertrug. Von Gotha ging die Reise der Musik nun über die Grenzen zum Chor aus Trutnow, der sich mit deutschen und tschechischen Liedern und fröhlichster Ausstrahlung in die Herzen der Menschen sang.

Bereits zu diesem Zeitpunkt sagte Beate Dawin, eine der drei Organisatorinnen: „Ich freue mich sehr über die Lebendigkeit und Fröhlichkeit all der Musiker. Man sieht heute so viele strahlende Gesichter, auch unter den Zuhörern. Das macht mich unendlich froh.“ Ihr Mann Wolfram Dawin, der die Idee zu den 1000 Minuten Musik hatte, sie und Monika Bruhns, deren gesamte Familie das ganze Wochenende mit anpackte, hatten mit großem Engagement, viel Arbeit und  Kraft diese zwei Tage über ein Jahr lang vorbereit. Wirklich großartig haben diese drei diese herausragende Veranstaltung organisiert. Sie freuten sich sichtlich daran, wie gut der Wechsel der Musiker funktionierte und wie lebendig und gut gelaunt die Zuhörer zwischen Kirche und Kirchgarten unterwegs waren. Und sie waren unendlich dankbar für ihre zahlreichen Unterstützer, die in der Kirchturmküche fleißig waren und hinter dem Tresen im Einsatz.

In das vielfältige Abendprogramm wurde mit den Chariot-Gospel-Singers aus Eschenstruth gestartet, die mit ihrem Gesang zum Mitklatschen einluden. Viele Freunde der Gospelmusik waren extra gekommen und blieben dann auch begeistert in der Kirche sitzen, als der nächste Chor angekündigt wurde. Der Shantychor aus Landwehrhagen nahm alle mit auf große Fahrt über die Meere und brachte mit dem Lied „auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ die Menschen zum Schunkeln. Rasch konnte man sich wie ein Seemann fühlen und den Duft des Meeres riechen.

Den Samstagabend beschloss die Rockband Six-Five-Zero und brachte die Kirche zum Kochen. War zunächst spürbar, dass sich sowohl Musiker als auch Zuhörer mit Rockmusik in der Kirche anfreunden mussten, wandelte sich die Ehrfurcht schnell in blanke Freude über diese Musik genau an diesem Ort. Die Band animierte sogar  noch einige Chariots zum Mitsingen und bald wurde im Gang und vor dem Altar fröhlich getanzt.

 

Über 2000 Besucher konnten wir an diesem ersten Tag bereits zählen. Wir alle waren von dieser enormen Zahl völlig überwältigt. Monika Bruhns meinte: „Ich bin tatsächlich überrascht von diesem riesigen Zuspruch. Das hätte ich nicht zu träumen gewagt. Ich glaube das liegt an der Vielfalt der Musikangebote und den dadurch sehr vielfältigen Besuchern.“

Am Sonntag um 11 Uhr sollte es genauso begeisternd weitergehen. Zum Gottesdienst, mit dem wir in diesen musikalischen Sonntag einstimmten und den der Laudamus-Nikolai-Chor mitgestaltete, kamen bereits 100 Menschen. Es schien als hätte sich die Freude an der Musik durch den ganzen Samstag und durch die Nacht in den Gottesdienst getragen, denn die Besucher sangen dermaßen leidenschaftlich und engagiert mit, dass es eine Freude war. Das Blasorchester Wellerode empfing  nach dem Gottesdienst im Kirchgarten seine Zuhörer mit mitreißenden Melodien und wieder konnte man bei bestem Wetter diesen schönen Ort auf besondere Weise genießen und es sich richtig gut gehen lassen. Wieder sah man  viele lächelnde und fröhliche Gesichter.

Maren Bultmann lud nun ein, es sich wieder in der Kirche gemütlich zu machen und faszinierte die Zuhörer mit ihrem Orgelspiel. Wär hätte geahnt, was auf einer Orgel alles möglich ist. Familie Geismann, Mutter, Vater und vier Töchter, erzählte musikalisch Geschichten und beeindruckte mit ihrem Auftreten und Können. Heinz Ebrecht baute im Anschluss sein Keyboard auf und vergnügte mit lebensfroher Unterhaltungsmusik. „Cello gesucht“ brachte zauberhaften Gesang und zwei Gitarren in die Kirche und mancher summte versonnen mit. Der Männerchor 1886 aus Vollmarshausen und der Männergesangverein Dörnhagen 1889 e.V. erfüllte unsere für Gesang akustisch fantastische Kirche mit klangvollen, warmen Männerstimmen. Die Menschen waren nahezu ergriffen von diesem Klang und kamen aus dem Staunen kaum heraus. Manni Schmelz und die Nordhessischen Tenöre mit Melanie brachten wieder ein anderes Musikgenre zum Klingen. Charmant und galant brachten sie mit ihren bekannten Melodien viele dazu, in Erinnerungen zu schwelgen. Wolfram Dawin bemerkte nach diesem Auftritt: „Ich staune darüber, dass Musik, der ich bisher gar nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt habe, einen solchen Reiz für mich haben kann.“ Solche Erfahrungen sind nur möglich, wenn verschiedene Musikstile in kürzester Zeit zum Klingen kommen und immer wieder zum Bleiben einladen.

Ruhig und würdig beendete der Laudamus-Nikolai-Chor die 1000 Minuten Musik mit „Einer kleinen Nachtmusik“. Schöner und gelungener hätten diese musikalischen Stunden nicht zu Ende gehen können.

Welch` organisatorisches  Meisterwerk haben Beate und Wolfram Dawin sowie Monika Bruhns vollbracht! Von ganzem Herzen Danke dafür. Danke an alle Musiker und Musikerinnen (es waren übrigens 337 Akteure), die kostenfrei und gut gelaunt aufspielten und sangen. Alle haben mit ihrer Musik beeindruckt, gefesselt und begeistert. Danke allen Helferinnen und Helfern, ohne die dieses Fest nicht möglich gewesen wäre. Danke den tausenden (wir haben tatsächlich über 3000 gezählt) Besucherinnen und Besuchern, die den Musikern mit ihrem Applaus Hochachtung und Wertschätzung schenkten und auch für uns als veranstaltende Kirchengemeinde viele lobende Worte hatten.  

Als Pfarrerin der Vollmarshäuser Kirchengemeinde bin ich dankbar und stolz, zwei solch unvergessliche Tage erlebt haben zu dürfen! Es ist ein Segen, dass wir bei strahlendem Sonnenschein 1000 Minuten voller Musik aller Genre, mit unterschiedlichsten Menschen jeden Alters in und vor der Kirche außergewöhnlich feiern konnten. Deutlich wurde, wie Musik Menschen verbinden und zusammenführen  kann. Das Strahlen der Gesichter der Besucher erzählte 1000 Minuten davon und ließ uns 1000 Minuten offene Dorfgemeinschaft erleben. Viele Menschen kamen über die Musik bei Kaffee, Wein oder Bier ins Gespräch und manche lernten sich neu kennen.

1000 Jahre Vollmarshausen – 1000 Minuten Musik -  an einem historischen Ort, der Kirche, die 1019 in der Geburtsstunde unseres Dorfes eine entscheidende Rolle spielte. 

Pfarrerin Kerstin Grenzebach